Western Union ist jetzt doch an Kryptowährungen interessiert

Und wieder steigt jemand von seinem hohen Ross: Der Präsident des riesigen Finanzdienstleisters Western Union, Odilon Almeida, hat soeben in einem Reuters-Beitrag offiziell bestätigt, mit Kryptowährungen zu experimentieren.
Diese offene Haltung gegenüber Bitcoin, Ripple, Ethereum & Co. war nicht immer selbstverständlich. Erst im Juni dieses Jahres tönte WU-CEO Hikmet Ersek, dass eine Versuchsreihe mit Ripple kein signifikantes Einsparungspotenzial gezeigt habe. Das wiederum rief Asheesh Birla, Ripples Senior Vice President, auf den Plan: „Sie (gemeint Western Union, Anm.) wickeln Millionen Transaktionen pro Monat ab, ich bin daher nicht sonderlich überrascht, dass ein Test mit 10 Transaktionen keine weltbewegenden Resultate hervorgebracht hat.“

Kehrtwende

In der Zwischenzeit scheint Western Union jedenfalls seine Strategie noch einmal überdacht zu haben und beschäftigt sich nun (wieder) offiziell mit dem Digital-Asset-Business (hier finden Sie dazu die wichtigsten Kryptobörsen im Vergleich).
Dabei vergisst Almeida allerdings nicht, darauf hinzuweisen, dass WU ja schon längst Geld in Zahlenfolgen (MTCN = Money Transfer Control Number) umwandelt, die dann hausintern in einem Netz von rund einer halben Million Filialen in mehr als 200 Ländern bare Münze wert sind. Für Western Union sind Digital Assets also nicht unbedingt Neuland – für Olmeida gibt es allerdings drei Problemfelder, die noch zu lösen sind, bevor Kryptowährungen ins Business eingebunden werden können: die Volatilität, die rechtliche Handhabung sowie das Compliance-Thema.

Look who’s talking

Das Geschäft von Western Union ist der weltweite Bargeldtransfer. Hauptbusiness ist der Transfer von Privatperson zu Privatperson. Diese Transfermöglichkeit stand oft in der Kritik, da sie nur bedingt die Identitäten der involvierten Personen überprüft. 2017 gestand das Unternehmen in den USA sogar selbst, nicht ausreichend gegen Geldwäsche unternommen zu haben.
Schelte für Western Union gab es sogar von der Weltbank – allerdings für die Spesenpolitik der Bank: die Bearbeitungsgebühren seien hoch. Weiterer Kritikpunkt: Die Wechselkurse werden zugunsten des Hauses interpretiert und stellen somit eine zusätzliche Gebühr dar. Das ist umso pikanter, als die Hauptkunden nicht vermögende Unternehmen sind, sondern Menschen ohne Bankkonto – oft Migranten sowie Arbeiter mit Migrationshintergrund, die Geld in die Heimat transferieren.
Wenn man sich das Geschäftsmodell von WU ansieht, ist es daher nicht weiter verwunderlich, dass die Bank kein friktionsfreies Verhältnis zu Kryptowährungen hat. Halten nämlich irgendwann Coins sowohl ihre Werte als auch ihr Versprechen, dann werden plötzlich Peer-to-peer-Überweisung mehr oder weniger in der Sekunde und so gut wie kostenlos möglich. Dann ist das WU-Business sehr schnell sehr obsolet.
Aber immerhin: Western Union hat jetzt offenbar verstanden, dass es kein Vorbei gibt und widmet sich dem Thema. Von der Einsicht könnten einige Finanzinstitute – und auch andere Branchen lernen: If you can’t beat them, join them.

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Sascha Bém
Sascha Bém
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