Russland-Reserven-Gerücht: Bitcoin statt 10 Milliarden Dollar

Seit ein paar Tagen kocht eine Geschichte hoch, die polarisiert: Medien, die sich mit dem Kryptomarkt beschäftigen, teilen sich recht symmetrisch in zwei Lager – jene, die Fake wittern, und jene, die eine Sensation sich abzeichnen sehen.
Eine Sensation, die wohl die Märkte (hier vergleichen wir die wichtigsten Kryptobörsen) aufrütteln und eventuell auch zum Präzedenzfall für Coins wie Ripple, Ethereum oder IOTA werden könnte.

Was wäre die Sensation? Was spricht dafür?

Russland, so heißt es, sei drauf und dran, Bitcoin BTC zu kaufen – und zwar im Wert von 10 Milliarden Dollar. Es sei dies eine Maßnahme, um die eigene Abhängigkeit von der US-Währung zu reduzieren, – und eine Antwort auf die aktuellen US Sanktionen. So berichteten unter anderem Fortune oder The Telegraph.
Tatsächlich wäre eine Politik der De-Dollarization nachvollziehbar, zu hoch ist die Abhängigkeit des Kremls von Dollarflüssen – gerade in Zeiten wie diesen, in denen die russische Wirtschaft strauchelt.
Ebenfalls für das Gerücht des 10-Milliarden-BTC-Einkaufs spricht Vladimir Putins wiederholt öffentlich ausgedrücktes Interesse an Kryptowährungen. Er soll auch schon laut über alternative Reservewährungen im Welthandel nachgedacht haben. Die russische Zentralbank, die auf mehr als 460 Milliarden Dollar an Reserven sitzt, kommentiert übrigens prinzipiell ihr Fremdwährungsmanagement erst sechs Monate im Nachhinein, wenn überhaupt.
Zu guter Letzt spricht ein Name für das Gerücht: Vladislav Ginko. Er ist Dozent an der russischen Präsidentenakademie für Volkswirtschaft sowie öffentliche Verwaltung in Moskau mit angeblich besten Beziehungen zur russischen Regierung. Ginko hat mehreren Medien gegenüber und auch via Twitter den Bitcoin-Coup angekündigt. Schon im Februar sei mit dieser Maßnahme zur Reserven-Diversifizierung zu rechnen.

Und was spricht dagegen?

Ebenfalls ebendieser Vladislav Ginko. So gut vernetzt er auch sein mag – was er neben der De-Dollarization auf Twitter sonst noch von sich gibt, ist wenig vertrauensfördernd. Milde ausgedrückt. Im Mai 2018 noch prophezeite er dem Bitcoin einen Absturz auf unter 100 $, im November des gleichen Jahres sagte er dem gleichen Bitcoin einen Wertanstieg auf 2 Millionen $ voraus. Abgeschmeckt sind diese eigenwilligen Wirtschafts-News mit teilweise kruden Verschwörungstheorien. Kostprobe gefällig? Bernard Madoff sei der wahre Satoshi Nakamoto, und er sei vom Regime Obama (sic!) hinter Gitter gebracht worden.
Darüber hinaus spricht noch etwas gegen das Gerücht: Hausverstand. Wie soll ein Land schaffen, Fiatgeld mit Kryptowährungen als Reserveportfolio zu vereinen? – Wo doch öffentliche Haushalte schon so ihre liebe Not mit Digital Assets und ihrer Volatilität haben. Und: Warum sollen 10 von 460 Milliarden Dollar Reserve die Abhängigkeit vom Dollar so radikal verringern?
Gewiss, wo Rauch ist, ist auch Feuer. In diesem Fall vermuten wir aber eher: Nur heiße Luft in der russischen Kälte.

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Sascha Bém
Sascha Bém
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