Stable Coins: Auch Facebooks Libra scheint, an der Quadratur des Kreises zu scheitern

Das mit den Stable Coins ist so eine Sache. Sie versuchen, das Beste aus beiden Welten zu vereinen und müssen dabei aufpassen, nicht zwischen den Stühlen durchzurutschen.
Auf der einen Seite: Kryptowährungen. Ein autarkes System basierend auf der Blockchain, das sich selbst kontrolliert und selbst erhält. Bitcoin & Co. sind unmanipulierbar und dezentral ausgerichtet. Im Gegensatz zu Fiat-Geld greift keine Zentralbank ein, und es sind keine Finanzinstitute notwendig, um einen Wert von A nach B zu transferieren. Das Blockchain-Protokoll kann das ganz von alleine abwickeln uns ist dabei fälschungssicher.
Nachteil: Kryptowährungen haben – wie jedes junge Zahlungsinstrument übrigens in der Geschichte – hohe Volatilität. Auch wenn die extremsten Kurssprünge an den Kryptobörsen der Vergangenheit anzugehören scheinen – ein Asset, das von Tag zu Tag auch mal zweistellige Prozentsätz an Wert gewinnen oder verlieren kann, ist natürlich nur sehr bedingt alltagstauglich. Auch wenn Kryptowährungen mittlerweile in vielen Sektoren selbstverständlich sind: Bezahlung via Handy (Stichwort Salamantex und A1 in Österreich), Reisen (Stichwort: Travala) und mit Kryptowährungen online spielen (Stichwort: Bitcasino.io).
Stable Coins sollen den Grundgedanken einer dezentralen (Krypto-)Währung beibehalten, diese aber mit der gelernten Verlässlichkeit des Geldsystems kombinieren. Und zwar: indem Stable Coins automatisch an andere Werte gekoppelt werden. Das kann Geld, Gold und sogar eine andere Kryptowährung sein, um die Volatilität zu dämpfen.

Kurs-Stoßdämpfer und Besicherung der virtuellen Währung

Der wohl traditionellste Zugang ist es, Kryptowährungen mit Fiatgeld zu besichern. Und hier wiederum ist der Tether der bekannteste Vertreter. Das Kürzel des Coins – USDT – lässt erahnen, woran der Tether gekoppelt ist: an den US-Dollar.

Ursprünglich lautete das Konzept, dass jeder Tether 1:1 mit einem US Dollar besichert sei – was immer wieder in der Branche stark angezweifelt wurde. Im vergangenen Jahr schließlich gab Tether Limited, der Herausgeber des USDT, bekannt, dass man sehr wohl auch andere Werte zur Besicherung herangezogen hatte: auch andere Assets (sogar Coins!) und Forderungen besicherten den Token. Auch andere Unregelmäßigkeiten sorgen immer wieder für juristische Kalamitäten – dem Kurs tut das gewiss keinen Abbruch, der Tether gehört bei der Marktkapitalisierung zu den absoluten Top-Coins 2021.
Das Konzept der Besicherung scheint auch zumindest bei der Investoren-Akzeptanz derzeit aufzugehen: In Zeiten der Coronakrise mit entsprechender Unsicherheit auf den Märkten hat der Tether still und heimlich Ripple XRP überholt und ist nun hinter Bitcoin BTC und Ethereum ETH auf Platz drei der am höchsten am Markt kapitalisierten Kryptowährungen.

Kommt Bewegung in die Stable Szene?

Dem gegenüber fristen mit anderen Assets hinterlegte Stable Coins eher ein Schattendasein. Ein neuer Star in dieser Coin-Gattung könnte Facebooks Libra werden. Oder besser: hätte werden können?
Das Monsterprojekt mit einer theoretischen Milliarden-Userschaft wurde zum technischen und juristischen Spießroutenlauf. Die als Stable Coin (besichert durch eine Art Fonds) konzipierte Währung sollte das internationale Zahlungsbusiness radikal vereinfachen und revolutionieren. Diverse Finanzbehörden sahen ihre Felle davonschwimmen und schlugen Alarm. Nun hat sich der Launch aufgrund des Vetos dieser Regulierungsbehörden mehrmals verschoben.
2019 reichte es ein paar Teilnehmern der höchst prominent besetzten Association am Projekt Libra: Unter anderem stiegen Visa, MasterCard, PayPal, der Online-Bezahldienst Stripe und Ebay aus.
Nun wurde der nächste Anlauf gestartet, und die in Genf ansässige Libra Association beantragte im Frühjahr 2020 bei Schweizer Finanzaufsicht FINMA eine Lizenz für die neue Kryptowährung als Zahlungssystem.
Wie es scheint, hat Libra nun etliche Kompromisse in Kauf genommen, um bessere Karten für eine Zulassung zu haben. So soll ein Kollegium von Zentralbanken, Aufsehern und Behörden aus mehr als 20 Ländern ein Mitspracherecht bei der Konkretisierung des Coins erhalten. Und: der Gedanke einer einheitlichen globalen Währung ist verworfen – so soll es etwa Libra-Dollar oder Libra-Euro geben.
Auch wenn damit ein Stable Coin schlagzeilenträchtig die Bühne betreten könnte – von der ursprünglichen – dezentralen – disruptiven Innovationskraft des Bitcoins bleibt man damit meilenweit entfernt.
 

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Sascha Bém
Sascha Bém
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